Selbstjustiz ist ein Thema, das mich schon lange beschäftigt. Zum ersten Mal kam es hoch mit dem Fall Marianne Bachmeier, die am 6. März 1981 im Gerichtssaal den mutmaßlichen Mörder ihres siebenjährigen Kindes erschoss. Ich gehörte zu der Gruppe derjenigen, die zwar verstand, was die Mutter bewegte, es jedoch mit der Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbaren konnte.
1998 wurde ich selbst Mutter. Obwohl der Fall schon lange zurücklag und Frau Bachmeier selbst nicht mehr lebte, beschäftigte mich die Frage erneut. Es geht einher mit dem Gedanken, ob nicht in jedem von uns ein potentieller Täter oder Täterin steckt. Das Schöne an dem Schreiben von Geschichten ist, dass ich es in meiner Fantasie durchleben kann und herausfinde, was es mit mir anstellen würde.
Klappentext
„Pit, ich weiß, es ist nicht leicht für dich. Vertrau mir, ich weiß, was ich tue und bitte akzeptiere die Situation, wie sie ist.“
Verhaftet? Anstiftung zum Mord? Ausgerechnet Natasha? Die Welt von Pit steht Kopf, als das LKA vor ihrer Wohnungstür steht und Natasha festnimmt. Und wie reagiert sie? Wortlos und ohne Widerstand zu leisten geht sie mit.
Klar, ist Natasha wütend, dass Alexander Egbert aus der U-Haft entlassen worden ist. Wer wäre das nicht? Immerhin ist er der Kopf des größten Menschenhändlerringes, den sie je haben auffliegen lassen. Und nicht nur das. Er hat 16-jährige Mädchen mit seinen abartigen sexuellen Vorlieben missbraucht. Mädchen, die alle so aussahen wie Natasha, sein erstes Opfer. Aber Anstiftung zum Mord?
Während Pit noch versucht zu verstehen, was da gerade passiert, rennt Natasha in der Justizvollzugsanstalt die Zeit davon. Kann Pit Natashas Unschuld beweisen oder sieht er sich gezwungen einen Mord zu decken?
Ein Fall der von Pit alles fordert und der das gesamte Team auf die Probe stellt.
Hinter Gittern
Reihe: Sondereinheit Themis
Genre: Krimi
Lesemotiv: Action, Abenteuer
Themen: Selbstjustiz, Vertrauen, Verschwörung, Geheimbund, Auftragsmord
eBook: 3,99 Euro
Taschenbuch: 18,00 Euro
Seitenzahl: 368
Die Idee hinter der Geschichte
Als Ich fing Sondereinheit Themis Band 5: Hinter Gittern zu schreiben lautete der Arbeitstitel Ehrenmord. Doch schnell wurde mir klar, dass der Titel zur Verwirrung führen würden, denn was ein Ehrenmord ist oder nicht, wird oft unterschiedlich beurteilt. In einem war ich mir jedoch sicher, einen Ehrenmord trifft vorwiegend Frauen und es wäre falsch ja vielleicht sogar sträflich, ihn in Zusammenhang mit dem, was in der Geschichte passiert, zu verwenden.
In Band 5 sollte es um den Prozess von Alexander Egbert gehen. Inzwischen bin ich ein großer Fan von dem Podcast Zeit Verbrechen. Reale Verbrechen sind viel komplexer, als es in den fiktionalen Büchern zu lesen ist. Das was mich am meisten erschreckt, ist die Menschlichkeit der Täter und das obwohl ihre Taten völlig unverständlich sind oder auf dem ersten Blick erscheinen.
Beim Zuhören begreife ich mehr und mehr die Zusammenhänge der einzelnen Instanzen in unserem Rechtsstaat. Welche Aufgabe hat die Justiz, welche die Polizeibehörden und welche Rolle spielen dabei die Journalisten? Das stimmt oft mit dem, was ich in meinen Büchern schreibe nicht überein. Okay, natürlich schreibe ich fiktive Geschichten, doch wieviel davon soll realistisch sein und wieviel Fiktion? Mein Aufgabe sehe ich darin eine Balance zu finden zwischen der Realität und eine spannende Dramaturgie für die Geschichte.
Schreibprozess von Band 5
ch begann mit den Überlegungen, auf welcher Grundlage Alexander Egbert verhaftet worden ist und bei der ersten Szene, die Diskussion von Natasha mit der Staatsanwältin, wurde mir klar, wie zerbrechlich die Anklage sich darstellte. Ehe ich mich versah war Alexander Egbert vorläufig auf freiem Fuß und er wurde umgebracht. Wer hatte dabei eines der stärksten Motive? Klar, natürlich Natasha.
Sie landet im Knast und das löste eine Lawine von Recherchearbeit aus. Ich musste feststellen, dass meine ganzen Gedanken zum Leben im Knast geprägt ist von amerikanischen Verhältnissen. Angefangen von dem orangen Overall hin zu dem Ablauf und der Unterbringung. Die USA hat die höchste Anzahl von Inhaftierten gemessen an ihrer Gesamtbevölkerungszahl. Der Schwerpunkt liegt auf der Sicherheitsverwahrung.
Der Schwerpunkt im deutschen Rechtssystem liegt auf der soziale Eingliederung der Inhaftierten nach dem Knast. Das erweckt manchmal den Eindruck, dass ein Leben in einer deutschen Justizvollzugsanstalt einem Hotelaufenthalt gleicht. Das ist aber nicht der Fall.
Im Gefängnis sitzen
Ich lernte das bei meiner Recherche durch das Lesen von Berichten und Anschauen von Dokumentationen. Ich habe keine Haftanstalt besucht, außer du zählst Alcatrez bei San Francisco dazu. In Berlin habe ich mir Moabit von außen angeschaut.
Die Videoüberwachung, die Vergitterungen, das ständige auf und ab schließen der Türen, die Einschränkungen, das Anstehen der Angehörigen für eine Besuch reingelassen zu werden oder die Wäscheausgabe. All das erzeugt bei mir eine Beklemmung, die ich später in der Geschichte in den Gefühlen und Gedanken von Natasha festhalte.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. So beginnt Artikel 1 in unserem Grundgesetz und das muss in Deutschland gelten, egal um wen es sich handelt. Der Satz klingt simple ist aber unglaublich schwer, wenn es um ein Verbrechen geht. Wir haben den Täter und wir haben das Opfer. Die Würde des Opfers wurde angetastet und mein menschliches Bedürfnis ist es erstmal, die des Täters anzutasten. In einem Rechtsstaat steht das nicht zur Debatte.
Sehr gut stellt das Ferdinand von Schirach in seinen Essayssammlung: „Die Würde ist antastbar“, in dem Essay „Die Würde des Fürchterlichsten – die Menschrechtsklage des Kindermörders Gäfgen“ dar. Niemand darf in unserem Land gefoltert werden, egal welche Informationen derjenige den Behörden vorenthält und selbst, wenn es um den Aufenthaltsort eines entführten Kindes geht, dessen Leben davon abhängen könnte. Was es am Ende nicht tat, doch das wusste der Polizeipräsident zu diesem Zeitpunkt nicht.
Er hätte am Ende ebenfalls verurteilt werden müssen, seinen Job verlieren und auch seine Pension. Recht darf nicht differenzieren zwischen dem menschlich nachvollziebahren und der Tat. Es sollte, ja muss aber bei der Festlegung des Strafmaßes durch das Gericht, die führende Rolle spielen.
Realität oder Fiktion
Mir wird als Autorin einmal mehr bewusst, wie schwer es mir fällt die Fiktion von der Realität zu trennen. Die Gefahr besteht, das ich als Leserin von Krimis und Thrillers (gerade der nordischen oder der amerikanischen) mehr und mehr den Eindruck gewinnen kann, dass das Brechen von Regeln durch meine Heldinnen und Helden in Ordnung ist, wenn die Absicht dahinter eine Gute ist.
In Wahrheit ist die Realität aber komplexer und auch wenn es menschlich ist Fehler zu machen, darf das nicht dazu führen, dass das Recht gebrochen wird. Ein Gesetz, dass Menschlichkeit als oberstes Gebot hat, stellt uns vor die Herausforderung von unseren Gefühlen übermenschliches zu verlangen.
Als Autorin sitze ich zwischen zwei Stühlen. Folge ich dem Trend in der Unterhaltungsliteratur und lasse meine Helden mit Gewalt gegen die Verbrechen vorgehen? Ist das womöglich sogar die Realität, wenn ich aktuell in den Zeitungen von der Gewalt der Polizei gegenüber Schwarzen und Minderheiten lese? Oder halte ich dagegen und schreibe, wie es sein sollte oder bei dem Großteil unserer Beamt:innen ist? Oder ist es gerade die Flucht in die Fiktion, die uns hilft mit den inneren Böse fertig zu werden? Spannende Fragen.
Antworten auf meine Fragen
Rache ist etwas, dass dein Leben zerstört. Statt dein Leben zu leben und das Vergangene loszulassen, steckst du fest in einem Gedankenkarussell, das dir jede Freude nimmt. Das Wort Vergebung hat für mich eine neue Dimension erhalten. Interessant ist, dass es für viele Straftäter, die Bestrafung ist, die einen Prozess zum Besseren starten kann. Für ein Opfer hingegen ist es nur ein Teil des Heilungsprozesses, wenn der Täter hinter Gitter sitzt. Der zweite Teil ist zu begreifen, dass es kein Opfer ist und auch keine Schuld an dem Verbrechen trägt.
Frei zu sein, sein Alltag selbst bestimmen zu können, spazieren zu gehen, wann immer du willst, Essen wann du Lust hast, deine Geschwister besuchen, dass alles ist ein Privileg. Nach dem Schreiben dieser Geschichte genieße ich diese Freiheiten bewusster.
Auch als Hörbuch ...
Egal auf welcher Plattform du gerne hörst. Sei es Spotify, Audible, Bookbeat, Thalia, Apple … dort findest du die Hörbücher der erste Season der Reihe Sondereinheit Themis.