Beim Schreiben entdecke ich nicht nur meine Geschichte, sondern ab und an schleichen sich Figuren, die ich nicht auf dem Schirm hatte, einfach so in ein Buch. Eine solche Figur war Akiro, der zweite Schäferhund in der Sondereinheit Themis. Gerade noch war ich vollkonzentriert die erste Hundeszene in Band 1 am schreiben und zack ein paar Kapitel weiter tauchte er auf. Er brachte mich in echte Schwierigkeiten, weil ich zu dem Zeitpunkt bereits das Buch: Die Bundespräsidentin geschrieben hatte und dort nun mal nur Smart, der K9 der Einheit, auftauchte.
Ich würde ja gerne behaupten, dass ich als Autorin die Geschichte voll im Griff habe und entscheide was dort steht. Aber wenn so eine Idee, eine Szene völlig lebhaft vor meinen inneren Augen abläuft, dann spüre ich ein Kribbeln und ich weiß, es gehört dazu. Das Gefühl ist schwer zu beschreiben. Es ist ein Blubbern das vom Bauch nach oben wandert und sich dann wie eine Explosion ausbreitet. Ja, ich könnte es löschen. Aber es gibt einen Grund wieso es passiert. Ich folge solchen Abzweigungen und im nach hinein ergab es absoluten Sinn.
Wie es dazu kam
Natasha kann mit Hunden überhaupt nichts anfangen. In ihrer Kindheit hatten ihre Nachbarn einen Riesenschnauzer und der hat ihr eine Heidenangst eingejagt. Aber Natasha möchte nun mal auch in die Sondereinheit Themis. Also beantwortet sie die Fragen, um ihre Expertise zu Hunden, kreativ. Sie lügt nicht, erzählt aber auch nicht die Wahrheit. Dummerweise verhält sie sich bei ihrer ersten Begegnung mit Smart völlig falsch. Eine Fall von Pit, der versucht die ungeliebte Partnerin wieder los zu werden. Natasha bleibt nichts anderes übrig, als sich auf das Hundetraining einzulassen, dass ihr neuer Partner ihr aufoktroyiert, wenn sie nicht direkt rausfliegen möchte.
An dem Punkt, in dem ersten Band von Themis: „Auf Probe“, lief alles noch einigermaßen wie geplant. Doch dann geht Natasha an einen der Hundezwinger vorbei und entdeckt Akiro. Huch, wer ist das denn? ging es mir durch den Kopf. Ich sah ihn genau vor Augen, wie er sich in der Hundehütte verkrochen hat und ihr nur den Rücken zukehrt. Er ist ein Diensthund im amerikanischen Militär, der in einem Einsatz seine halbe menschliche Mannschaft verliert, darunter auch seinen geliebten Hundeführer Ash.
Warum musste es ausgerechnet er sein? Warum nicht Smart? Nun, weil Smart einfach Peter gehört und er Natasha selbstverständlich anfeindet, weil sein Herrchen sie anfeindet. Akiro hingegen will sterben. Nur Jake zuliebe, der ihn rettet, ist er bereit etwas zu fressen. Er sorgt dafür, dass der Hund nach Deutschland zurück zum Züchter kommt, weil er hofft, dass er ihm neuen Lebensmut einflößen kann. Deshalb musste es Akiro sein, weil Natasha in ihm ihre Seelenverwandtschaft spürt. Es ist seine Trauer, seine Verlorenheit, die sie berührt und die sie versteht. Er gibt sich die Schuld für den Tod von Ash und auch sie trägt die Schuld an dem Tod eines Menschen, der ihr sehr nahestand. Das verbindet die Beiden. Und ja Hunde können Trauern.
Eigene Erfahrungen
Viele Leserinnen in der Leserrunde schrieben, dass es unrealistisch ist, was Natasha macht und wie der Hund darauf reagiert. Es ist schwer zu beschreiben, was passiert, wenn man einem Hund das erste Mal begegnet und genau weiß, er gehört zu dir und du zu ihm. Bei unserem Linus, einem Zwergschnauzer ist es neun Jahre her. Doch vor knapp zwei Wochen, traf es mich und meinen Mann zum zweiten Mal, wider alle Vernunft.
Wir waren auf einer IT-Konferenz in Cluij Rumänen. Einer der Sponsoren stellt dabei ein soziales Projekt vor. Diesmal war es NUCA animal welfare e.V. und mit dabei waren fünf Welpen und eine davon war Rina. In Rumänien gibt es kein Tierheim. Stattdessen versucht der Verein Menschen zu gewinnen, die die Hunde erstmal zur Pflege aufnehmen, um sie dann an Adoptiveltern zu vermitteln. Rina hat ein genetischen Defekt, musste operiert werden und es fand sich keine Pflegestelle. Deshalb lebte sie in der Klinik und war den überwiegenden Teil dort eingesperrt.
Was uns bei Rina sofort auffiel, war ihre Neugierde, ihre Offenheit, ihre Lebensfreude und dass sie sich um sich selbst kümmerte. Während die anderen Welpen meistens schliefen, spielte sie die ganze Zeit. Menschen gegenüber verhielt sie sich total freundlich, doch letztlich interessiert sie sich nicht sonderlich für sie. Die Fliegen zu fangen war viel spannender. Wir wollten nie einen zweiten Hund. Wir planten sogar eine zwei Jahre lange Pause für den nächsten Hund ein, um zu Reisen, wenn unser Linus mal nicht mehr ist. Hinzu kommt das Linus ein echter Einzelhund ist, der niemanden in seinem Revier duldet. Das Herz sagt ja, der Verstand nein. Alle Bürokratie zum Trotz, arbeiteten alle Stellen unglaublich schnell, um es der kleinen Rina zu ermöglichen, endlich ihr Leben in vollen Zügen in Deutschland zu genießen. So konnten wir sie am letzten Samstag, nach einer zweiundzwanzigstündigen Reise in der Nähe von Schweinfurt abholen.
Ja, es ist nicht leicht einen sechs Monate alten Hund in der Familie aufzunehmen. Unser Linus ist davon überhaupt nicht begeistert, doch er macht es viel besser, als wir es erwartet hätten. Rina ist nach knapp einer Woche bereits ein Teil unserer Familie, weil sie einfach zu uns passt. Sie macht Sitz, kommt wenn wir sie rufen und sucht mich, wenn sie glaubt, sie hätte mich verloren.
Natasha-Akiro und Ich-Rina
Genau das ist es auch, was die Beziehung zwischen Natasha und Akiro ausmacht. Es ist Liebe auf den ersten Blick, das Gefühl füreinander bestimmt zu sein. Klar ist Akiro ein ausgebildeter K9, eine Waffe, die auch tötet, wenn es gilt seine Menschen zu beschützen. Natürlich ist es leichtsinnig von Natasha in sein Gehege zu gehen und selbstverständlich, zeigt ihr Akiro auf, dass sie eine Grenze überschreitet. Gleichzeitig wissen beide, dass sie sich gesucht und gefunden haben. Das ist es, was Natasha spürt und sie wider alle Vernunft dazu bringt, ihre eigene Grenze zu überschreiten.Ruhe im Umgang mit Hunden, das in sich selbst geerdet sein, Grenzen setzen, kalkulierbar in seinem eigene Verhalten sein und Konsequenz sind unabdingbar in der Hundeerziehung. All das ist Natasha.
Ich erlebe es häufig, dass Menschen sich nicht auf einen Hund einlassen, sondern denken, es wäre ein Kuscheltier, ja sogar ein Mensch. Kein Hund ist das, auch nicht ein Kleiner. Jeder Hund besetzt ein Gebiss und kann beißen. Deshalb muss auch jeder Hund erzogen werden. Nicht in dem er Kommandos lernt, sondern in dem wir eine Beziehung zu ihm aufbauen und mit ihm körpersprachlich Kommunizieren.
In der Leserunde ist Akiro, neben Smart, der absolut Favorit in der Geschichte. Ich kann es absolut verstehen, schließlich hat er es auch geschafft, sich in den Roman zu schleichen.